[Fingerzeig] Jonathan Löffelbein – Der Besucher

Der kladde|buchverlag ist vieles, aber sicherlich nicht konventionell. Er finanziert seine Buchprojekte über Crowdfunding, d.h. die Leser bestimmen mit ihrer Zahlung, was gedruckt wird. Grund genug, einen genaueren Blick auf die derzeit dort laufenden Projekte zu werfen. Eines davon möchte ich euch hier besonders ans Herz legen.

Jonathan Löffelbein legt mit Der Besucher einen grotesken Roman vor, bei dem einem das Lachen gerne auch im Hals stecken bleiben darf. Sein Buch ist aktuell zu 97 % finanziert, für die restlichen 3 % bleiben ihm noch knapp elf Tage.

Im Anschluss an das Video findet ihr noch ein kleines Interview, das ich mit dem Autor geführt habe.


 

Warum und für wen schreibst du?

Ja, das ist so eine Frage. Die Antwort ist, denke ich, eine Mischform. In erster Linie schreibe ich für mich. Immerhin sind es meine kleinen „Gedankenexperimente“, die ich dort aufs Papier werfe. Andererseits fasziniert mich das Geschichtenerzählen und was wäre eine Geschichte ohne einen Zuhörer oder Leser? Das heißt nicht, dass ich mein Schreiben danach ausrichte, was ich glaube, was gut ankommt; es heißt viel mehr, dass es mir durchaus bewusst ist, dass mein Text irgendwann auch (hoffentlich mindestens) einen Leser haben wird.

Wie gestaltete sich die Verlagssuche und warum ist es der kladde|buchverlag geworden?

Die Verlagssuche war recht schwierig. Allein schon der erste Schritt, das Manuskript überhaupt loszuschicken, war schon eine Überwindung! Wie gesagt, zu aller erst schreibe ich für mich, aber mir war auch irgendwann klar, dass ich diese Geschichte unter die Leute bringen möchte. Als dann aber die Manuskripte frankiert waren, habe ich doch recht viele Zweifel bekommen. Da musste ich mir einen richtigen Ruck geben.
Die „klassischen“ und größeren Verlage lehnten meistens ab oder antworteten gar nicht. Immerhin stand nirgends: „Bitte schreiben Sie nie wieder!“ Eine Antwort auf mein Manuskript war sinngemäß so: Wir finden ihren Schreibstil sehr interessant. Wenn sie ihre Geschichte veröffentlicht bekommen und ein neues Buch geschrieben haben, schicken sie uns das neue zu. Es ist also durchaus eine zähe, anstrengende Arbeit einen Verlag zu finden. Man braucht dickes Fell…
Ich bin über Umwege zum kladde|buchverlag gekommen. Eine Freundin von mir arbeitet dort als Lektorin und als sie mitbekam, dass auch ich ein Buch geschrieben und an verschieden Verlage geschickt hatte, leistete sie volle Überzeugungsarbeit. Das Überzeugungsarbeit nötig war, lag nicht daran, dass ich das Verlagskonzept seltsam finde, ganz im Gegenteil, es ist großartig! Aber ich musste mich mit der Idee anfreunden, dass eine Freundin von mir krtitsch über mein Buch urteilen würde. Glücklicherweise hat es ihr gefallen und nun bin ich voller Stolz kladde|autor.

Vom Poetry Slam Text zum Roman – Wieviel hat der Roman mit deinen Slam Texten gemein?

Eigentlich nicht sehr viel. Ab und zu dürften sich wahrscheinlich stilistische Ähnlichkeiten finden (zumindest da, wo mein Buch ein klein wenig lyrischer wird), aber an sich sind das für mich zwei paar Schuhe. Ein Buch ist ein Buch. Das heißt für mich, dass der Leser sich vieles selbst zurecht legen und beurteilen muss. Bei einem Slam geht es auch immer um die Performance und Darstellung des Textes. Das fällt bei einem Buch komplett weg. Außerdem ist ein Buch doch sehr umfangreicher als ein Text der im Vortrag 5 bis 7 Minuten geht.

Worin unterscheidet sich das Schreiben eines Slam-Textes von dem Schreiben eines Romans?

Das ist schwierig zu beantworten. Ich denke in einem Roman geht es ein Stück mehr um Kontinuität, um eine Geschichte. Slam-Texte sind oft sehr lyrisch und erzählen nicht notwendiger Weise eine lineare Geschichte. Anstöße zum Schreiben für einen Slam-Text sind für mich oftmals Stimmungen oder lustige kleine Einfälle. Bei meinem Buch saß ich hingegen mehrere Stunden davor und dachte „Hm… wie bringe ich jetzt meinen Protagonisten von A nach B…“ So etwas würde ich mich bei einem Slam-Text nicht fragen. Außerdem halte ich bei Slam-Texten Ausschau nach guten Möglichkeiten mit dem Publikum zu interagieren oder die Performance interessant zu gestalten. Das fällt bei einem Buch natürlich weg.

Das Video zu deiner Buchvorstellung ist mit Ironie und Witz gespickt, der Plot deines Romans scheint eher verstörend zu sein. Wie viel Humor steckt in diesem Thema?

Ich behandle die Themen in meinem Buch durchaus mit einem kleinen Augenzwinkern. Auch in „Der Besucher“ findet sich immer wieder Witz und Ironie, wenn auch sehr schwarz eingefärbt. Das Buch ist allerdings so angelegt, dass der Witz und Humor immer weniger wird und irgendwann gänzlich verschwunden ist.

LöffelbeinWarum ist es gerade diese Geschichte geworden?

Das ist eine gute Frage, die ich so genau auch nicht beantworten kann. Anfangs hatte ich den ersten Satz im Kopf, fand ihn gut und schrieb ihn auf. Ziemlich schnell hatte sich auch das Ende des Buches in meinem Kopf eingemeißelt, die Frage war (wie schon oben gesagt): Wie komme ich von A nach B? Das war ein sehr langwieriger Prozess, in den ich viele Themen verarbeitet habe, die mich damals beschäftigten oder die ich interessant fand.

Wie lange hast du an dem Roman gearbeitet?

Die Idee, genauer den ersten Satz, hatte ich kurz nach dem Abitur im Kopf. Das ist jetzt drei Jahre her. Und ungefähr so lange habe ich – immer wieder mit Pausen – daran geschrieben.

Gibt es Werke oder Autoren, die dich in deinem Schreiben beeinflusst haben?

Ja, auf jeden Fall. Es sind jedoch nicht nur Autoren von Romanen, sondern auch viele Autoren von Dramen, die mich beeinflussten. Zum Beispiel Goethe, Schiller, Dürrenmatt, Strindberg, Borchert, Büchner, Pirandello und viele mehr. Es gibt natürlich auch Romanautoren, die mich stark geprägt haben. Darunter zähle ich Paul Auster, Kafka, Max Frisch, Walter Moers und auch viele mehr. Man sieht leider, dass das eher die „Klassiker“ sind. Man liest halt im Literaturstudium sehr viel von dem Zeug.

Hast du einen Plan B, falls das Crowdfunding nicht erfolgreich ist? Was geschieht dann mit deinem Roman?

Dann muss ich wohl leider wieder viele andere Verlage damit nerven. Falls es nicht klappen sollte, lass ich trotzdem nicht locker! Aber bisher sieht das ja sehr gut aus.

Denkst du schon an ein weiteres Projekt? Hast du schon etwas geplant?

Ja, es gibt ein paar Sachen, die ich in Planung oder auch im Wunschdenken habe. Ich habe ein Theaterstück angefangen, das dann das nächste Projekt auf der Liste wäre. Dann schwimmt schon die nächste Romanidee im Kopf herum und was ein kleiner (Wunsch)traum ist: Mit einem Freund eine Oper schreiben. Aber momentan liegt der Fokus ganz klar auf „Der Besucher“.

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