Nach Philip Krömer möchten wir euch heute die Autorin Shida Bazyar vorstellen, die es mit ihrem Roman „Nachts ist es leise in Teheran“ auf die Shortlist geschafft hat.

(c) Joachim Gern
Shida Bazyar wurde 1988 in Hermeskeil geboren. Sie studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim, bevor sie nach Berlin zog. Halbtags ist sie Bildungsreferentin für junge Menschen, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr in Brandenburg machen, die verbleibende Zeit verbringt sie als Autorin. Neben Veröffentlichungen von Kurzgeschichten in Zeitschriften und Anthologien war sie Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses 2012 und Studienstipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung.
Wie lange hast du an dem Roman gearbeitet?
Von der ersten Seite bis zur lektorierten Fahne: ziemlich genau drei Jahre. Davor habe ich aber ein gutes dreiviertel Jahr an der Konzeption gegrübelt.
Wie schwierig gestaltete sich die Verlagssuche?
Ich hatte großes Glück und habe schon recht früh Kontakt zu meiner jetzigen Lektorin gehabt. Da war natürlich noch nicht klar, dass sie mal meine Lektorin werden wird. Aber es war von Anfang an ein sehr schöner, motivierender Kontakt. Deswegen wohl habe ich das eher nicht als „schwer“ abgespeichert. Aber trotzdem als sehr aufregend!
Was war es für ein Gefühl, dein fertiges Buch in Händen zu halten?
Schräg. Als wäre das gar kein echtes, verkaufsfertiges Buch, sondern etwas, was ich irgendwie selbst zusammengebastelt habe. Manchmal fühlt es sich immer noch so an, wenn ich es lange anschaue.
Warum schreibst du wie du schreibst?
Weil ich Schreiben irgendwie sehr rauschhaft finde. Die Sprache und der Rhythmus machen einen Sog für mich aus, der meinen Figuren und Handlungen überraschende Wendungen bringt. Wenn das nicht so wäre, würde ich vielleicht auch anders schreiben.
Wie kann man sich deinen Schreibprozess vorstellen?
Das ist wahrscheinlich eine eher langweilige Vorstellung. Ich schreibe zu Hause und es muss alles vorher ordentlich gemacht worden sein. Ich trinke literweise Tee. Ich sitze ziemlich oft ziemlich stumm rum, bevor der nächste Schreibschub kommt. Manchmal recherchiere ich sinn- und wahllos in meinen Materialien rum, um mich zu zerstreuen und um Geistesblitze zu sammeln. Und dann koche ich nochmal literweise Tee. Wenn dann ein Schreibschub kommt, bin ich manisch und tippe ganz schön schnell.
Gibt es Autoren oder Bücher, die dich und dein Schreiben beeinflusst haben?
Klaus Kordon zum Beispiel, er hat mir gezeigt, dass historische Geschichten wunderbar anhand von Familienkonstellationen erzählt werden können. Und wie nah mir Zeitgeschichte geht, wenn sie anhand von Geschichten erzählt wird.
Ist ein weiteres Buch geplant?
Na aber klaro. Aber ich mache mir keinen Stress. Erst mal komme ich vor lauter erstem Buch sowieso nicht zum Schreiben eines zweiten.
Vorstellung in Büchern:
Nenne ein wichtiges Buch…
… aus deiner Kindheit
„Betty und ihre Schwestern“ von Louisa May Alcott: Weil es um Schwestern geht, weil es um starke Frauenfiguren geht und weil die Hauptfigur Schriftstellerin werden will. Ich habe es jedes, wirklich jedes Jahr aus der Stadtbücherei ausgeliehen und über die Weihnachtsferien gelesen. Und jedes Mal geweint.
… aus deiner Jugend
„Persepolis“ von Marjane Satrapi: Weil ich zum ersten Mal die Bedeutung von Graphic Novels in der Literatur verstanden habe. Und weil zum ersten Mal mein Interesse an der künstlerischen Umsetzung der iranischen Zeitgeschichte geweckt wurde. Weil Tränen und Lachen bei Satrapi so nah bei einander liegen können.
… aus deiner aktuellen Lebensphase
„Das achte Leben (für Brilka)“ von Nino Haratischwili: Weil es auf jeder Seite einfach großartig ist. Und dann hat es zum Glück auch noch so viele Seiten.
… das du dir für die Gegenwartsliteratur wünschen würdest, das aber noch nicht geschrieben wurde.
Das wäre ein Buch, das nicht nur von dem kulturbewanderten, Feuilletonslesenden Teil der Gesellschaft gelesen wird, sondern auch minorisierte Gruppen anspricht, bewegt und berührt.