[Das Debüt 2022] Der Preis geht an…

Ein  spannendes und umfangreiches DebütantInnenjahr liegt hinter uns. Insgesamt 76 Debütromane wurden für den diesjährigen Preis eingereicht, wir haben uns durch etliche Seiten gelesen und eine Shortlist aus fünf Titeln erstellt. Nun hat unsere BloggerInnenjury über „Das Debüt 2022“ entschieden:

Der Bloggerpreis für Literatur „Das Debüt 2022“ geht mit insgesamt 29 Punkten an Ursula Knoll für ihren Debütroman „Lektionen in Dunkler Materie“.  Das Team von „Das Debüt“ gratuliert herzlichst!

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Hier einige Auszüge aus den Begründungen der BloggerInnen:

Marco Lombardi: „Die Autorin versteht es auf unterhaltsame Weise, ihren miteinander verstrickten Heldinnen den Mut der Verzweiflung ausleben zu lassen. Die einzelnen Schicksale prallen ohne Schnickschnack direkt auf uns ein, machen nachdenklich. Die Worte treffen ihr Ziel, sie erfüllen ihre Aufgabe.“

Thomas Stöck: „Vortrefflich funktioniert der andauernde Perspektivwechsel zwischen den Protagonistinnen. Ausschließlich Frauen erheben sich hier gegen die erlittenen Unrechte. Sie merken es: Ein gesellschaftliches Sprengpotenzial tut sich in Knolls Roman auf, das mir zwar eine Spur zu harsch daherkommt – aber was soll’s! Die originelle Geschichte um eine Weltraummama hat es mir einfach angetan.“

Sandra Doods: Lektionen in Dunkler Materie ist ein kluger, einfühlsamer und bewegender Roman, der sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen wie
Arbeitsbedingungen, Geschlechterverhältnissen und Technologie
auseinandersetzt. […] Es ist ein Roman, der den Lesenden dazu ermutigt, sich Gedanken darüber zu machen, wie er selbst einen Beitrag leisten kann, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Es ist ein Roman, der die Leserinnen und Leser inspiriert, aktiv zu werden und für ihre Überzeugungen einzutreten.“

Petra Reich: „In ihre eher kühle, zumindest völlig pathosfreie Erzählstimme mischt Ursula Knoll eine gehörige Portion des typisch österreichischen leicht schwarzen Humors. Sie schreckt auch vor Situationskomik und Cliffhangern nicht zurück. Zeitweise liest sich das Buch sogar ungemein spannend. Insgesamt ein ganz wunderbares Debüt!“

Ines Daniels: „Dabei schafft die Autorin es, innerhalb kürzester Zeit ein stimmiges Bild des jeweiligen Charakters zu zeichnen und zieht schnell hinein in das jeweilige Leben, das wir gerade betrachten. Sie schreibt treffende Dialoge, verpackt ihre Kritik am System wohldosiert, verfügt über eine enorme Beobachtungsgabe gerade auch für das Absurde und konstruiert ihre Geschichte dabei auch noch außerordentlich gekonnt. Lektionen in dunkler Materie ist so unterhaltsam wie auf den Punkt, enorm gut und elegant aufgebaut und zeigt ganz nebenbei, dass wir alle viele verschiedene Rollen bekleiden, je nach Zusammenhang, in dem wir uns gerade bewegen


Platz 2 belegt mit insgesamt 27 Punkten Slata Roschal mit ihrem Roman „153 Formen des Nichtseins“:Slata

Patrick Linke: „Slata Roschal hat mit ihrem Roman 153 Formen des Nichtseins ein komplexes Mosaik kleiner Vignetten über die eigene Identität gelegt. Die anspruchsvolle und genau austarierte Konzeption besticht durch sprachliche Vielfalt und Einfallsreichtum. Der collagierte Erinnerungstext mit zahlentheoretischem Hintergrund hat mich total begeistert.“

Sebastian Aufdemkamp: „Was macht uns zu dem, was wir sind? Dass man so einer Frage notwendigerweise nur fragmentarisch und ausschnitthaft begegnen kann, zeigt Slata Roschal in diesem Versuch über menschliche Identität. Lyrische Sprache meets klassische Erzählung meets eBay-Kleinanzeigen. Dieser Roman ist ein Kunstpuzzle, an dem ich sehr gerne gescheitert bin.“

Alexander Carmele: „Roschals Text bekämpft inhaltlich wie formal Grenzen. 5 Punkte für die außergewöhnliche Entwicklung einer eigenen Stimme im Laufe des Erzählens und das Verdichten einer Suche nach einem neuen und freien Selbst.“

Marc Richter: „Ich bin bei diesem Titel immer noch ganz hin und weg, da sich bei mir alles irgendwie eingebrannt hat. Ich fand die Art, wie der Roman aufgebaut ist, richtig gut gelungen, wenn auch manchmal sehr irritierend. Dadurch hatte die Autorin Mittel in der Hand, ihr Anliegen auf vielfältigste Weise zu transportieren und mit der Sprache zu spielen. Dadurch gibt es in diesem Buch immer wieder Überraschungsmomente, die einen entweder mit einem Staunen oder wenigstens neugierig irritiert zurücklassen.“

Marco Lombardi: „Für mich unterscheidet sich dieser Roman somit sehr von den meisten anderen Büchern. Die Zahl 153 besitzt eine sehr tiefe Symbolik, vor allem in der Religion. Die Autorin hat mit ihren Ausführungen, was explizit ihre Berührungen zu Judentum und Zeugen Jehovas anbelangt, mit dieser mystischen Zahl und der Art der erzählerischen Herangehensweise, ein für mich einzigartiges Werk geschaffen.“


Platz 3 belegt mit insgesamt 26 Punkten Annika Büsing mit ihrem Debütroman „Nordstadt“:NordstadtL

Fabian Neidhardt: „Aber Annika Büsing legt mit Nordstadt ein schmales Buch mit klarer und moderner Sprache hin, das im richtigen Sinne weh tut. Sie erzählt diese Beziehung zwischen der jungen Bademeisterin und dem humpelnden Jungen auf eine düstere und nüchterne Art, die mir wirklich nahe gekommen ist. Ich liebe die Sprache, die Blickwinkel, die Geschichte, und wünsche mir, dass so viele Menschen dieses Buch noch finden.“

Silvia Walter: „Mir gefiel die verwinkelte Konstruktion, die leicht schnodderige Art des Stils, der so gut zu Nene passte. Auch das weder Boris noch Nene trotz ihrer vielen inneren Wunden von irgendwem Mitleid erwarteten. Auf ihre Art waren beide sehr taff. Die Themen Leben mit körperlicher Beeinträchtigung und häusliche Gewalt empfinde ich in unserer Gesellschaft als sehr relevant.“

Eva Nagl-Jancak: „Fünf Punkte für Annika Büssings Nordstadt das sprachlich schön, trotzdem realistisch und auch originell die Geschichte zweier Außenseiter erzählt.“

Marc Richter: „Dieser Roman ist rotzfrech mit einer Sprache, die den Figuren entspricht. Außerdem ist die Geschichte rund erzählt, zeigt schlechte Dinge auf, die in Kindheitstagen passieren können (Gewalt an Kindern, Vernachlässigung, Übergriffigkeiten) und wie sie einen als Erwachsenen prägen. All das wird auf knapp über 100 Seiten kondensiert aufgezeigt und mehr braucht es für dieses Buch auch nicht […] Es ist ein wunderbares Buch mit einer Geschichte, bei der kein Wort zu viel erscheint.“

Thomas Stöck: „Wenn man von Arschlöchern, Krüppeln und Impotenz erzählen kann, ohne mit der Wimper zu zucken, dann hat man Vieles richtig gemacht.“


Auf Platz 4 landet mit insgesamt 21 Punkten Claudia Schumacher mit ihrem Debütroman „Liebe ist gewaltig“:LIG

Petra Reich: „Claudia Schumacher erzählt ihre Geschichte über häusliche Gewalt und Mechanismen in dysfunktionalen Familien mit einer verblüffenden Souveränität. Viel recherchiert hat die Journalistin zum Thema, viele Interviews mit Betroffenen geführt. So gelingt ihr nicht nur ein spannender, literarisch gelungener Roman, sondern auch ein überzeugender, die typischen Verhaltensmuster in dysfunktionalen, an Gewalt leidenden Familien aufzeigender Text.“

Ines Daniels: „Der außerordentlich eindrückliche Roman über häusliche Gewalt hat mich fast körperlich gepackt. […] Liebe ist gewaltig hat mich durchgeschüttelt und aufgeregt, mich mitfiebern, Ohnmacht und Hoffnung spüren lassen, mich tief hineingezogen in Julis Leben und ihren Weg, sich zu befreien vom Geschehenen, die Deutungshoheit über ihre eigene Geschichte zu gewinnen.“

Sandra Doods: „[…] Liebe ist gewaltig, ist ein eindringlicher Roman über die Macht der Befreiung und die Schwere des Verzeihens. Es ist ein kraftvolles Porträt von Trauma, Überleben und Heilung, das sich auf das Erleben von Kindesmissbrauch, Gewalt und Unterdrückung konzentriert. Liebe ist gewaltig ist ein emotional anstrengender Roman, aber es ist auch ein bemerkenswertes Debüt, das sich mit wichtigen Themen auseinandersetzt.“

Fabian Neidhardt: „Auch Liebe ist gewaltig tut weh, bricht Fassaden ein und hat mich sehr in den Bann gezogen.

Sabine Gelsing: „Claudia Schumacher gibt in Liebe ist gewaltig einer misshandelten Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen eine Stimme. Sie schält häusliche Gewalt aus der Mitte der Gesellschaft und seziert die daraus resultierenden Folgen: Co-Abhängigkeiten, den Verlust von Selbstwert, Impulskontrolle. Sie lässt ihre Protagonistin der Liebe ihrer Eltern hinterherrennen, der Liebe überhaupt und das schmerzt gewaltig. Dieses Debüt ist aufregend und wichtig […].“


Platz 5 mit insgesamt 14 Punkten belegt Noemi Somalvico mit ihrem Debütroman „Ist hier das Jenseits, fragt Schwein“:somalvico

Sabine Gelsing: „Noemi Somalvico nimmt die Lesenden in ihrem Debüt mit auf eine Suche nach Freundschaft, Glück und einem vermeintlich besseren Ort. Dabei ist ihre Sprache ernsthaft und doch voller Humor.
Ist hier das Jenseits, fragt Schwein überzeugt inhaltlich und vor allem,
weil es eine Parallelwelt konstruiert, die tierisch authentisch ist. Obwohl das
Figurenpersonal aus Schwein, Dachs, Biber, Reh und Gott besteht, fällt eine
Identifikation unglaublich leicht. Der Roman hat mir Poesie und Licht geschenkt […].“

Sandra Doods: „„Ist hier das Jenseits, fragt Schwein“ ist ein bemerkenswertes Debüt, das aufgrund seiner ungewöhnlichen Erzählweise und tiefgründigen
Thematik begeistert und gleichermaßen berührt und inspiriert. Die Idee, Tiere als Hauptfiguren in einer Geschichte zu verwenden, die sich mit Themen wie dem Jenseits, Gott und dem Verlangen nach Verbündeten auseinandersetzt, ist ungewöhnlich, aber gerade deshalb so erfrischend und faszinierend. […] Ein Buch, das man gelesen haben muss.“

Fabian Neidhardt: „Noemi Somalvicos Buch war das letzte, das ich gelesen hatte und traf mich mit ihrer skurrilen Fabel wie ein Taxi von links. Somalvico erzählt von Tieren und Gott und dem Jenseits, aber eigentlich nur auf großartige und (Achtung, Wortspiel!) fabelhafte Weise von uns. Ich bin schmunzelnd und nachdenklich durch den Text gerauscht und war traurig, als es vorbei war.“

Silvia Walter: „Dieses Buch empfand ich als sehr originell. […] Außerdem hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass jeder Satz, jedes Wort fest an seinem Platz sitzt. So empfand ich den Ausdruck sehr präzise.“

Sebastian Aufdemkamp: „In diesem absurd anmutenden Episodenroman trifft eine tierisch-abgedrehte Handlung auf sprachliches Feingefühl, die großen Fragen des Menschseins und jede Menge Warmherzigkeit als Kontrapunkt zu einer trüben und einsamen Welt. Sprachlich präzise, witzig und wunderbar schräg – für mich die größte Überraschung auf der Shortlist.“


Hier geht es zu den Beiträgen der Jurymitglieder:

Petra Reich vom Literaturreich: https://literaturreich.de/2023/03/01/bloggerpreis-fuer-literatur-das-debuet-2022/

Ursula Knoll „Lektionen in Dunkler Materie“:

Patrick Linke (@buch.und.buehne) • Instagram-Fotos und -Videos

Sandra Doods alias Frau Pastell zu „Lektionen in Dunkler Materie“

https://letteraturablog.wordpress.com/2023/01/22/ursula-knoll-lektionen-in-dunkler-materie/

https://aufeinbuch-literaturpodcast.de/folge-85-ursula-knolls-roman-lektionen-in-dunkler-materie/

https://kommunikativeslesen.com/2023/01/28/ursula-knoll-lektionen-in-dunkler-materie-das-debuet-2022/

Slata Roschal „153 Formen des Nichtseins“:

 Patrick Linke (@buch.und.buehne) • Instagram-Fotos und -Videos

Sandra Doods / Frau Pastell zum Roman von Slata Roschal

https://www.instagram.com/p/CpJ8DiKrN77/?igshid=YmMyMTA2M2Y=

https://aufeinbuch-literaturpodcast.de/folge-86-slata-roschals-roman-153-formen-des-nichtseins/

https://kommunikativeslesen.com/2023/01/19/slata-roschal-153-formen-des-nichtseins-das-debuet-2022/

Annika Büsing „Nordstadt“:

Patrick Linke (@buch.und.buehne) • Instagram-Fotos und -Videos

https://fraupastell.de/nordstadt-von-annika-buesing/

https://www.instagram.com/p/Cn9Lay4jjRj/?igshid=YmMyMTA2M2Y=

https://aufeinbuch-literaturpodcast.de/folge-87-annika-buesings-roman-nordstadt/

https://kommunikativeslesen.com/2023/02/11/annika-buesing-nordstadt-das-debuet-2022/

Claudia Schumacher „Liebe ist gewaltig“:

Patrick Linke (@buch.und.buehne) • Instagram-Fotos und -Videos

https://fraupastell.de/liebe-ist-gewaltig-von-claudia-schumacher/

https://letteraturablog.wordpress.com/2023/01/31/claudia-schumacher-liebe-ist-gewaltig/

https://aufeinbuch-literaturpodcast.de/folge-84-claudia-schumachers-roman-liebe-ist-gewaltig/

https://kommunikativeslesen.com/2023/02/03/claudia-schumacher-liebe-ist-gewaltig-das-debuet-2022/

Noemi Somalvico „Ist hier das Jenseits, fragt Schwein“:

Patrick Linke (@buch.und.buehne) • Instagram-Fotos und -Videos

https://fraupastell.de/ist-hier-das-jenseits-fragt-schwein-von-noemi-somalvico/

https://www.instagram.com/p/CnWUoJYLe-K/?igshid=YmMyMTA2M2Y=

https://aufeinbuch-literaturpodcast.de/folge-88-noemi-somalvicos-roman-ist-hier-das-jenseits-fragt-schwein/

https://kommunikativeslesen.com/2023/01/24/noemi-somalvico-ist-hier-das-jenseits-fragt-schwein-das-debuet-2022/

Ein Gedanke zu “[Das Debüt 2022] Der Preis geht an…

  1. Glückwunsch an die Autorin für ein wundervolles Buch, dass bei mir nur wegen Nuancen und einem etwas seltsamen Ende nicht in den Punkterängen landete. Aber auch insgesamt zeigen vor allem die Punkte der Plätze 1 bis 4 wie ausgeglichen der 2022er-Debütjahrgang war. War es schon jemals in den sechs Ausgaben so knapp?

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