„Hawaii“ ist durchaus eine „Insel“. Denn so heißt ein Heilbronner Stadtteil. Als ein Ort mit einem hohen Anteil an Zugewanderten scheint Acars „Hawaii“ jedoch weniger ein Sehnsuchtsort zu sein und vielmehr ein Ort, an dem verschiedene Sehnsüchte erst entstehen…

„Immer wollen sie, dass man mittanzt.
Bekannte und Unbekannte kamen ständig vorbei, versuchten alles. Komm, stell dich nicht so an, nur einmal, auf. Wenn einer nicht tanzen will, denken die Leute, ihm fehlt etwas. Mir fehlte nichts. Außer halt, dass ich nicht länger als nötig auf dieser Hochzeit bleiben wollte.“
Klappentext:
„Es sind die heißesten Tage im Jahr, Hundstage, die, so glauben manche, schweres Unheil bringen. Kemal Arslan läuft durch Heilbronn, ein Fußballstar, der nach einem Unfall seine Karriere beenden und von vorn anfangen muss. Unbeteiligt steht er auf einer türkischen Hochzeit herum, geht in ein Striplokal und ins Wettbüro, gerät mitten hinein in eine Straßenschlacht zwischen Rechten und Migranten, trifft seine Exfreundin Sina und besucht seine Eltern, die, wie die meisten Türken der Stadt, in Hawaii wohnen, einem Problembezirk mit heruntergekommenen Hochhäusern und rauem Straßenleben, der rein gar nichts mit dem Urlaubsparadies gemeinsam hat. Cihan Acar erzählt von zwei Tagen und drei Nächten eines jungen Mannes, in denen er alle Stadien von Illusion, Sehnsucht und Einsamkeit durchquert. Ein Buch über all die Heimatlosen, Nachtgestalten und Romantiker, die im Dazwischen leben.“ Quelle: Hanser Berlin
Cihan Acars Roman erzählt eine Selbstfindungsgeschichte. Der Autor lässt seinen Protagonisten Kemal drei Tage lang auf der Suche nach dem neuen Ziel seines Lebens durch Heilbronn irren. Ziel- und Planlosigkeit der jungen Generation, das Bedürfnis, das wahre Ich auszuleben, der unverantwortliche Umgang mit Beziehungen sowie Rassismus gegen Minderheiten in Deutschland sind einige der dargestellten Themen. Auch wenn das Romanende zu ahnen ist und Kemals Wege nicht immer zielführend erscheinen, begleitet man ihn gerne dabei, wie er versucht, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Insgesamt liest sich der Roman recht schnell und flüssig und ermöglicht dank der Gestaltung des Protagonisten (Fußballer, ein Zur-Zeit-Verlorener-und-nach-dem-Sinn-des-Lebens-Suchender) durchaus eine Identifikation mit der Figur. Dabei sehnt sich Kemal – wie wohl viele Menschen – nur danach, einen Ort zu finden, an dem er der sein kann, der er ist.
Playlist zum Roman zum Nachhören
Cihan Acar, geboren 1986, studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und lebt in Heilbronn. Er schrieb Bücher über Hip-Hop und über den Istanbuler Fußballclub Galatasaray. Für seinen Debütroman “ Hawaii“ erhielt er 2020 den Literaturpreis der Doppelfeld Stiftung.
Der Roman war nominiert für den ZDF-Aspekte-Debütpreis 2020.
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